Das Leben an der Schule - Alltag und Regeln

Ich wohne derzeit in einem Sportinternat mit ca. 200 Schülern, welche schätzungsweise nicht älter als 13 sind. Dazu kommen 20 Lehrer und die Shifus, welche die Kampfkünste unterrichten. An der Schule gibt es strikte Regeln die es einzuhalten gilt. Das erste, das ich hier kennenlernte waren die Meetings, d.h zu einer festgelegten Uhrzeit müssen alle Schüler oder auch nur wie ausländischen Studenten auf dem Schulhof erscheinen und uns in unseren Gruppen aufstellen. Unser Shifu kommt dann zu uns und es kommt meistens eine Ansage, das Training beginnt oder es wird geschaut, ob alle da sind. Zu spät kommen ist in jedem Fall ungünstig und wird mit vielen Liegestützen bestraft.

Beim Meeting nach dem Frühstück und nach der Mittagspause lernen wir einen Satz auf Chinesisch, bzw. die Chinesen auf Englisch. Das ist immer ganz lustig, der Satz wird von unserer Chinesisch-Lehrerin vorgesprochen und wir sprechen nach. Nach dem freien Training abends ist das letzte Meeting, danach sollte man auf seinem eigenen Zimmer sein. Die Shifus kommen öfters rum und schauen ob alles in Ordnung ist und fragen, wie es einem so geht.

Am Montag nach dem Frühstück findet in der Regel eine Zeremonie am Eingang der Schule statt, wo die Steinstatue von Konfuzius steht. Wir stellen uns in Richtung der Statue in Reih und Glied auf und es folgt eine Ansprache, natürlich auf Chinesisch. Anschließend singen die chinesischen Schüler die Nationalhymne und wir verbeugen uns dreimal in Richtung der Konfuziusstatue. Die Zeremonie fand direkt am ersten Morgen statt, nachdem ich angekommen war. Was mir zunächst wie Propaganda schien, ist tatsächlich ein Ritual um die Philosophie des Konfuzius zu würdigen. Mit der ersten Verbeugung danken wir unserem Heimatland, mit der zweiten Verbeugung unseren Eltern und mit der dritten den Lehrern.

Am Dienstag und am Donnerstag ist Tofu-Tag. Das heißt leider nicht dass es Tofu in der Kantine gibt, sondern wir haben dann unser Bett nach chinesischer Art herzurichten, sodass es aussieht wie ein Tofu, und müssen den Müll herunterbringen. Außerdem sollten keine elektronischen Geräte in den Steckdosen stecken – angeblich aus Sicherheitsgründen. Das wird natürlich auch kontrolliert! Hier wird alles kontrolliert! Am Samstagnachmittag müssen wir putzen: Die Flure und Treppenhäuser der Etagen, in denen wir wohnen und die Trainingshalle. Das ist mit vielen Leuten meist schnell gemacht und danach ist auch frei und Zeit zum Entspannen.

Der Wochenplan wird meist strikt eingehalten und abgesehen von der Mittagspause haben wir zwischendurch nicht viel Freizeit. Wirklich Zeit um andere Dinge zu machen gibt es nur am Mittwochvormittag und am Sonntag. Wenn wir die Schule verlassen wollen, müssen wir uns am Abend vorher im Office austragen, mit Namen, seit wann wir an der Schule sind, und von wann bis wann wir weg sind. Das ist dann meistens bis zum nächsten Meeting, welches am Sonntag um 17:00 Uhr stattfindet und am Mittwoch um 15:00 Uhr. Die Schule verlassen wir in der Regel um 8:00 Uhr und fahren mit dem Taxi nach Fengzhong, der nächsten kleinen Stadt. Von dort aus können wir mit dem Bus weiter nach Jiauzou fahren oder andere Dinge unternehmen. Ab und zu werden auch größere Ausflüge angeboten, z.B. zum Shaolin Tempel oder den Yuntai Mountains. Außerdem hatten wir bereits einen Wettkampf in Jiaozou und haben dort an einem Lauf teilgenommen, darüber werde ich noch genauer berichten.

Für die chinesischen Kinder ist es ähnlich streng, die Bestrafungen bei Regelbruch fallen wohl aber etwas härter aus. Soweit ich das mitbekommen habe, dürfen sie ab und zu am Wochenende nach Hause. Abends während der Zeit des freien Training schauen sie öfters einen Film auf dem Schulhof, meistens irgendwelche Kung Fu Filme, welche wohl als Trainingsmotivation dienen sollen.

Generell leben wir hier ziemlich einfach. In unseren Zimmern steht mehr oder weniger nur das Nötigste. Jeder hat ein Bett, meist gibt es dazu noch Tische und Stühle und ein kleines Regal. Viel Platz um Dinge zu verstauen gibt es nicht, aber außer Essen, Klamotten und Waschzeug braucht man hier auch nicht viel. Internet steht jedem zur Verfügung, manchmal funktioniert das W-LAN allerdings nicht. Strom und Wasser sind auch nicht immer selbstverständlich. Während der Trainingszeiten und auch zwischendurch wird der Strom abgeschaltet. Kalt Wasser gibt es (eigentlich) immer. Für warmes Wasser wird eine Wasserkarte benötigt, die jeder Schüler am Anfang seines Aufenthaltes bekommt. Diese wird dann mit Geld aufgeladen. Viel kostet es allerdings nicht, meine 30 Yuan (ca. 4 Euro) habe ich immer noch nicht ganz verbraucht. Zwischendurch fällt das Wasser auch mal ganz aus. Der schlimmste Fall war, als wir ca. 6 Tage kein fließend Wasser mehr hatten. Immerhin wurden Wasserkanister am Gebäudeeingang aufgestellt, wo wir uns dann Wasser in Schüsseln und Eimern abfüllen konnten, um es anschließend auf unsere Zimmer zu tragen. Duschen wird da ein richtiger Luxus. Wir waren zu dieser Zeit an den freien Tagen im Spa in Fengzhong (eine abgewrackte Garage mit Duschen) duschen, an den anderen Tagen musste die Handwäsche aus der Wasserschüssel reichen. In jedem Fall habe ich ein ganz neues Gefühl für die Mengen an Wasser, die man normalerweise so nebenbei verbraucht, bekommen. Allein die Wassermengen, die nötig waren, um das Klo einigermaßen regelmäßig durchzuspülen, waren, in der Anzahl der Schüsseln gemessen, ziemlich hoch.

Auch wenn es hier viele Regeln gibt, an die es sich zu halten gilt, und viele Dinge ungewohnt sind, so genieße ich meine Zeit hier. Ich sehe es als eine Erfahrung, die ich machen möchte und einige Dinge werde ich auch in Zukunft beibehalten wollen, z.B. die Pünktlichkeit ;-).

Ich werde bald mehr von China und unserem Training berichten. Wenn euch etwas besonders interessiert, lasst mir gerne einen Kommentar mit euren Fragen da!

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